Lufthansa Group reduziert Flugangebot ab Graz
Mit der Umstellung auf die Sommerzeit startet zeitgleich am Flughafen Graz, wie jedes Jahr, der Sommerflugplan. Während die Charterflüge nach und nach starten und zahlreiche Destinationen in die beliebten Touristenregionen dazukommen, sieht es auf den Linienflügen düster aus. Nachdem sich KLM, die älteste noch existierende Fluggesellschaft der Welt, mit 27. März vom Flughafen Graz verabschiedet hat, sind ausnahmslos alle Linienflüge zu den Drehkreuzen Frankurt, München, Wien und Zürich in der Hand der Lufthansa Group.
Welche Folgen so ein absolutes Monopol hat, durften die Fluggäste in den letzten Wochen und Monaten bereits erfahren. Schnee und zumindest angekündigter Eisregen sorgten Anfang des Jahres für einen Totalsausfall der Lufthansa Flüge nach Frankfurt und München. Vor wenigen Wochen startete in Deutschland die Streiksaison des Bodenpersonals, gefolgt von den Mitarbeitern im Sicherheitsdienst und zuletzt den Crews. Hier wird nicht das Recht auf Streik kritisiert – so manche österreichische Sparte, wie der Handel, könnte sich hier ein Beispiel nehmen. Die Folge waren jedoch erneut eine hohe Anzahl an Flugausfällen der Lufthansa, Lufthansa Cityline und indirekt Eurowings, denn ohne Bodenpersonal lässt sich kein Flugzeug abfertigen. Nun folgte Austrian Airlines, da hier traditionell Streikdrohungen und Arbeitsniederlegungen als Folge der Kollektivvertragsverhandlungen in die Osterzeit fallen.
Minus 40% Sitzplatzangebot täglich
Seit heute fliegt Braathens Regional mit einer ATR 72 die Vormittagsrotation von Wien nach Graz und retour. Wie kam es zu dieser Entscheidung? Nachdem die ab Graz ertragreiche Dash 8 Flotte außer Dienst gestellt wurde, folgte als kleinstes Flugzeugmuster in der Austrain Airlines Flotte der Embraer 195 nach. Überraschenderweise stellte sich nun heraus, das dieser für einige Strecken zu groß ist und so setzt die AUA nun im Wetlease auf fremdes Fluggerät und dazugemietete Crews und verringert das Sitzplatzangebot von 120 auf 72, somit fehlen auf dieser Rotation 40% der Sitzplätze.
München Nightstopp gestrichen, Minus 180 Passagiere täglich
Im Vorjahr entschied sich Lufthansa, die vier täglichen Flüge nach München auf einen einzigen zu reduzieren. Kommuniziert wurde diese Streichung mit fehlendem Fluggerät, Crewmangel und weniger Bodenpersonal, welches die Fluggäste in München abfertigen kann. So entfielen bis zu drei tägliche Flüge von Graz nach München. Zeitgleich wurde mit dem gleichen Flugzeugmuster, welches zuvor nach Graz zum Einsatz kam, ab München das Streckennetz ausgebaut und erweitert.
Beginnend mit heute fällt nun der wichtige Nightstopp weg und Fluggäste kommen weder abends retour nach Graz, noch in den frühen Morgenstunden nach München. Dies hat auch Auswirkungen auf das wichtige Nordamerika Geschäft, da die ersten Flüge in Richtung Atlanta, Charlotte und Newark / New York schlichtweg nicht mehr erreichbar sind. Dies betrifft nicht nur den Individualtourismus, sondern auch den Geschäftsreiseverkehr. Dieser hat sich nicht nur aufgrund der Langzeitauswirkungen von vermehrten Teams- und Zoomeetings verringert, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass manche Ziele schlichtweg nicht mehr schnell und unkompliziert erreichbar sind. Auch die großen Unsicherheiten was Buchungen und tatsächlich stattfindende Flüge betrifft, veranlasst immer mehr internationale Firmen im Großraum Graz dazu, ihren Mitarbeitern zu raten anstatt ab Graz, ab Wien zu fliegen.
Air Dolomiti anstatt Lufthansa, ungefähr Minus 150 Passagiere täglich
Die italienische Air Dolomiti ist keine unbekannte Airline am Flughafen Graz und flog bereits in den vergangenen Jahren regelmäßig von Frankfurt und München nach Graz. Mit heute übernimmt die Lufthansa-Tochter jedoch alle Flüge von beiden deutschen Lufthansa-Drehkreuzen. Die Flotte der Air Dolomiti besteht aus Embraer 190 und 195. Da während des Winters auf diesen beiden wichtigen Strecken ein Mix aus Air Dolomiti, Lufthansa und Lufthansa Cityline mit Airbus A319, Airbus A320, Airbus A321, CRJ-900, Embrer 190 und Embraer 195 zum Einsatz kam, ist die Rechnung hier schwieriger.
Da ab sofort nur noch die Embraer 195 von Air Dolomiti die Strecken bedient, stehen je Flugrichtung Sitzplätze für 120 Passagiere zur Verfügung. Im Vergleich zu den gängigsten Flugzeugmuster der Konzernmutter Lufthansa, dem Airbus A319 und Airbus A320, fehlen 18 oder 60 Sitzplätze pro Strecke. Dass der Start von Air Dolomiti nicht wie erwünscht erfolgte, zeigen die zeitgleich erfolgten Flugstreichungen für den April. Gleich 64 Flüge, darunter auch einige Nighstopps auf der Frankfurt-Strecke, sind nun plötzlich aus dem Flugplan verschwunden und somit fehlen weitere 7.680 Sitzplätze ab Graz.
Swiss baut aus
Mit Swiss International Air Lines, einer weiteren Tochtergesellschaft der Lufthansa, geht es nun fünfmal wöchentlich nach Zürich. Die Flugzeiten, einmal vormittags, einmal am frühen Nachmittag sowie dreimal abends laden aber leider nicht für eine Weiterreise ab dem Drehkreuz Zürich ein und sind somit wohl rein für den Städtetourismus ausgelegt. Je nach eingesetztem Fluggerät kommen hier im Schnitt 120 Passagiere dazu – wöchentlich, nicht täglich.
Ohne Konkurrenz und als Monopolist tut man sich leicht und kann das Flugprogramm sowie die verlangten Preise diktieren wie man möchte. Man kann also nur hoffen, dass sich die diesjährigen Streichungen in Grenzen halten und die gebotene Performance der Lufthansa Group nicht noch weiter sinkt, während das steigende Preisniveau nun auch die letzten Hardcore Fans des Flughafen Graz nach Wien vertreibt. An dieser Stelle sei Eurowings positiv erwähnt, die im Vorjahr als einzige Airline ihr Programm knallhart durchgezogen hat. Bis auf einen Delay, verursacht durch Vogelschlag beim Start in Palma de Mallorca, sowie einem Technical in Graz, wo aber sofort eine Ersatzmaschine aus Düsseldorf überstellt wurde, gab es keine nennenswerten Ausfälle. Der Flug Graz-Hamburg, welcher auf Höhe Nürnberg wieder nach Graz umdrehte, war den Klimaklebern auf der Start- und Landebahn in Hamburg zuzuschreiben.
Text: Airportclub Graz Foto: Air Dolomiti Embraer 195 I-ADJS © Hartmuth Schröttner